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Besserer Schutz vor Covid-19? Impfstoff-Mix könnte Immunität stärken

Bislang ist die Datenlage zur Kombination von Impfstoffen dünn. Österreichische und britische Forscher wollen nun Abhilfe schaffen.

Bislang ist die Datenlage zur Kombination von Impfstoffen dünn. Österreichische und britische Forscher wollen nun Abhilfe schaffen.

(Foto: picture alliance / Fotostand)

Erst Astrazeneca, dann Biontech? In Deutschland geht das. In vielen anderen Ländern werden sogenannte Kreuzimpfungen nicht empfohlen. Das könnte sich mit Ergebnissen neuer Studien allerdings ändern. Denn schon jetzt gibt es Hinweise, dass eine Mischung der Vakzine durchaus Vorteile haben kann.

Seit einem Monat herrscht für sie Klarheit: Die mehr als zwei Millionen Menschen unter 60 Jahren, die in Deutschland bis April bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben, sollen bei der notwendigen Zweitimpfung auf einen der mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer oder Moderna umsteigen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO). Hintergrund sind Fälle von seltenen Hirnvenen-Thrombosen nach einer Impfung mit dem Vektorvakzin des britisch-schwedischen Herstellers. Andere Länder wie Österreich empfehlen dies nicht. Denn bisher ist die Datenlage zur Kombination von Impfstoffen dünn. Doch immer mehr Studien untersuchen nun diese Wirkungen. Und es gibt erste Hinweise, dass eine sogenannte Kreuzimpfung den Schutz sogar verstärken könnte - auch bei Virusvarianten.

Das will nun auch eine neue Studie in Österreich an der Medizinischen Universität Innsbruck herausfinden. Aus Erfahrung mit anderen Impfstoffen wisse man, dass heterologe Impfungen - also Kombinationen aus zwei unterschiedlichen Mitteln - oft wirksamer sind als homologe, sagt die Virologin Dorothee von Laer, die die Studie leitet, dem ORF. Dies gelte besonders, wenn ein Vektorimpfstoff involviert sei. Denn der Schutz nach zwei Teilimpfungen mit dem gleichen Vektorimpfstoff sei in der Regel deutlich weniger effektiv, als wenn nach der ersten Teilimpfung ein anderer Impfstofftyp verwendet werde.

Gerade im Hinblick auf Fluchtmutationen könnte das relevant werden: Zwar schützt der Vektorimpfstoff von Astrazeneca effektiv gegen den Viruswildtyp, im Fall von Virusvarianten - wie etwa der sogenannten südafrikanischen Variante B.1.351 - gibt es jedoch Einbußen im Schutz. Man hoffe nun, so von Laer, dass der Schutz nach einer Erstimpfung mit Astrazenca durch eine Zweitimpfung mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer verbessert wird.

Vielversprechende Studie an Mäusen

An der Innsbrucker Studie nehmen rund 3000 Probandinnen und Probanden teil. Es handelt sich dabei um medizinische Mitarbeiter der Medizinischen Universitäten Innsbruck, Graz und Wien - die Personen wurden bereits gemäß der Priorisierung des Impfplans mit Astrazeneca oder dem Impfstoff von Biontech/Pfizer, geimpft. Nun steht ihre zweite Teilimpfung an, die sie im Rahmen der Studie erhalten.

Auch Forscher der Universität Oxford testen derzeit, wie das Mischen von Vakzinen funktionieren kann. Die Studie, Com-CoV genannt, bietet den Teilnehmern eine erste Dosis mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer oder von Astrazeneca. Für die zweite Dosis erhalten sie entweder den gleichen Impfstoff oder eine Spritze mit Moderna oder Novavax.

Frühere Tierversuche an Mäusen lieferten den Wissenschaftlern vielversprechende Grundlagen für ihre Forschungen an einem Corona-Impfstoff-Mix: In einer im März veröffentlichten Studie testeten Forscher des National Institute for Food and Drug Control in China Kombinationen von vier verschiedenen Covid-19-Vakzinen an Mäusen und fanden heraus, dass einige die Immunantwort verbessern. Wenn sie den Nagetieren zuerst einen Impfstoff gaben, der wie Astrazeneca auf einem harmlosen Erkältungsvirus basiert, und dann eine zweite Dosis eines anderen Impfstofftyps, beobachteten sie höhere Antikörperspiegel und eine bessere T-Zellen-Antwort.

Erhöhter Schutz bei Vektorimpfstoffen

Eine Kombination der Impfstoffe sollte auch beim Menschen funktionieren - zumindest theoretisch, sagt David Masopust, Immunologe an der University of Minnesota Medical School. Denn die derzeit verwendeten Covid-19-Impfstoffe schützten zwar auf leicht unterschiedliche Weise gegen das Virus. Sie zielten aber auf das Spike-Protein ab, mit dem es in die Zellen der Infizierten eindringe. Ein Überblick:

  • RNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna liefern die Anweisungen zur Herstellung des Proteins in Form von Boten-RNA.
  • Novavax liefert das Spike-Protein selbst.
  • Johnson & Johnson, Astrazeneca und Sputnik V verwenden wiederum ein anderes harmloses Erkältungsvirus, um die Anweisungen für die Herstellung des Proteins einzuschleusen, wie ein trojanisches Pferd, die sogenannten Vektorviren.
  • Sinopharm und Sinovac bieten dem Immunsystem ganze inaktivierte Viren an.

Warum die Kombination von Impfungen die Wirksamkeit verbessern könnte, sei ein kleines Rätsel, sagt Shan Lu, Arzt und Impfstoffforscher an der University of Massachusetts Medical School. "Den Mechanismus können wir teilweise erklären, aber wir verstehen ihn nicht vollständig." Verschiedene Impfstoffe präsentieren die gleiche Information auf leicht unterschiedliche Weise. Diese Unterschiede könnten verschiedene Teile des Immunsystems wecken oder die Immunantwort schärfen. Das könnte auch dazu führen, dass die Immunität länger anhält.

Ob sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, bleibt abzuwarten. Die britische Studie will schon in den nächsten Wochen erste Ergebnisse präsentieren. Aus Innsbruck lassen Antworten noch etwas länger auf sich warten. "Wir wollen erste Ergebnisse im Herbst haben, damit wir vor dem Winter wissen, wie wir Personen, die erstmals mit Astrazeneca geimpft wurden, optimal schützen können", sagt Studienautorin und Virologin von Laer.

Einige Experten sind allerdings jetzt schon überzeugt, dass eine Mischung von Vakzinen vor allem den Impfstoffen von Vorteil sein könnte, die eher eine geringere Wirksamkeit aufweisen. Die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna böten einen hervorragenden Schutz, sagt Donna Farber, Immunologin an der Columbia University. "Ich glaube nicht, dass es einen Grund gibt, daran zu rütteln." Aber das Mixen könnte den Schutz für einige der Impfstoffe verbessern, die einen etwas geringeren Schutz gemeldet haben, wie Astrazeneca und Johnson & Johnson, sowie einige der chinesischen Impfstoffe. Viele dieser Impfstoffe funktionierten recht gut, so Faber, aber das Kombinieren könnte ihnen helfen, noch besser zu funktionieren.

Quelle: ntv.de

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